Der BvV e.V. hatte 2016 in einer Stellungnahme gegen den Regierungsentwurf zur Bargeldzahlungseinschränkung Position bezogen. 2018 war das Thema dann “vom Tisch”. Die Entscheidung der EU-Kommission, keine Gesetzesinitiative für eine EU-einheitliche Bargeldobergrenze zu ergreifen, beruhte auch auf einer Umfrage, wonach ca. 95 % der EU-Bürger eine Beschränkung von Bargeldzahlungen auf EU-Ebene ablehnten. Sie hegten auch Zweifel, ob ein Limit tatsächlich gegen Terrorismus und Steuerhinterziehung wirkten.
Aufgrund der Corona-Pandemie, die noch Jahre andauern könnte, wird das Thema Bargeldbeschränkung oder auch Bargeldabschaffung erneut von interessierten Kreisen diskutiert. “Corona rüttelt am Vertrauen in Bargeld — ist die Zukunft bargeldlos?”, titelte 20.03.2020 der Informationsdienst finanzen.de, und die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte im März 2020 vor der Übertragung von Corona-Viren über Geldscheine, da die Lebensfähigkeit des Virus auf Papier einen Tag betrage. Der Schweizer Virologe Mark Witchi meinte: „Viren auf Banknoten können eine Gefahr darstellen, wenn man sich nach dem Anfassen nicht die Hände wäscht und ins Gesicht greift.“ Es ist zu anzumerken, dass selbstverständliche Hygienemaßnahmen jedes Einzelnen nicht nur vor Coronaviren, sondern überhaupt vor zahlreichen Krankheitserregern schützen kann. Die Corona-Pandemie ist demnach ein Anlass, um gegen Bargeld zu argumentieren.
Der BvV e.V. verweist erneut auf die Bedeutung und die Notwendigkeit von Bargeld für das Wirtschaftsleben und für die Freiheit jedes einzelnen Bürgers in einer demokratischen Gesellschaft.
Grundlage:
Mit seiner Bestallung ist der öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer mit der hoheitlichen Aufgabe beliehen (Legaldefinition nach § 383 BGB), den Verkauf aller nach HGB, BGB, AktG und GmbHG durch vertragliche und gesetzliche Pfandrechte (siehe beigefügte Auflistung) in Pfand genommene Sachen und Rechte im Wege der öffentlichen Versteigerung durchzuführen. Insbesondere der allgemein öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer ist seit Generationen diejenige Institution, die bei leistungsgestörten Verträgen diese Aufgabe im außergerichtlichen Weg gemäß
§§ 1204 — 1259 BGB erfüllt. Dies dient im Sinne von Gläubigern und nicht zuletzt auch den Schuldnern der rechtssicheren, schnellen, kostengünstigen und unbürokratischen Forderungsregulierung und entlastet Justiz und Vollstreckung. Die
Institution des öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerers ist hochaktuell, denn sie erfüllt in der sozialen Marktwirtschaft eine notwendige Komplementärfunktion. Der Versteigerer stellt sich den Erfordernissen des modernen Wirtschaftslebens. Er generiert effektiv und pro-aktiv, national und international Kaufinteressenten. So erzielt er für die Pfänder bestmögliche Verkaufserlöse. Auch im Interesse des Fiskus trägt er so dazu bei, dass die Höhe der Forderungsausfälle reduziert wird.
Der öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer ist auf seine Unabhängigkeit im Verfahren vereidigt und hat in seiner neutralen Funktion dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte von Schuldnern, Gläubigern und Käufern beim Verkaufsprozess beachtet werden. Die Durchführung ist durch die Bestimmungen des HGB, BGB, AktG, GmbHG, PfandleihV und VerstV geregelt. Die Bestimmungen der ZPO und ZVG sind für den Versteigerer nicht einschlägig. Beaufsichtigt wird seine Tätigkeit durch IHK und Ordnungsämter.
Gemäß § 1235 BGB öffentliche Versteigerung hat der Verkauf des Pfandes im Wege der öffentlichen Versteigerung zu erfolgen. Das bedeutet, dass alle geschäftsfähigen Personen zur Teilnahme an der Versteigerung zuzulassen sind. Insbesondere der Marktanteil von ausländischen Käufern gewinnt beim Verkauf von Pfandwaren eine immer größerer Bedeutung. Dieser Personenkreis verfügt oft nicht über die Möglichkeit einer sofortigen elektronischen Geldübertragung. Ein Barzahlungsverbot über 5000 Euro schränkt die Anzahl der möglichen Kaufinteressenten erheblich ein. Ein krimineller Hintergrund oder ein Bezug zum Terrorismus lassen sich bei Käufern von Pfandware schwerlich belegen.
Die Regulierung von Zahlungen bei Beträgen über 5.000 Euro widerspricht § 1238 BGB Verkaufsbedingung. Hier wird bestimmt, dass der Käufer den Kaufpreis sofort in bar zu entrichten hat. Die Ablehnung von Barzahlungen bei Beträgen ab
5.000 Euro wirkt sich bei der Pfandverwertung zur Erzielung eines bestmöglichen
Versteigerungserlöses kontraproduktiv aus.
Begründung
Bei der öffentlichen Versteigerung von z.B. Maschinen, Kraftfahrzeugen, Booten, Inneneinrichtungen u.a. sind folgende Gegebenheiten üblich und kommen ständig vor:
1. Es wird häufig der Zuschlag bei Beträgen über 5.000 Euro erteilt. Im Sinne des Schuldners wünscht der Gesetzgeber, dass sich bei einer öffentlichen Verstei-
gerung im entstehenden Bietergefecht ein möglichst hoher Verkaufspreis bildet. Die Reglementierung bei Barzahlungen würde in der Praxis eine Hemmschwelle und Deckelung bei den Geboten auslösen.
2. Nicht realisierbare Forderungen werden steuerlich geltend gemacht. Es ist von daher im Interesse der Finanzbehörden, dass durch bestmögliche Verwertungs- erlöse die Forderungsausfälle minimiert werden.
3. Gemäß § 1239 (2) BGB Mitbieten durch Gläubiger und Schuldner wird
der Schuldner häufig benachteiligt. Gläubiger und Schuldner haben das Recht, sich ebenfalls an der öffentlichen Versteigerung zu beteiligen. Während Gebote des Gläubigers gegen seine Forderung aufgerechnet werden, ist der Schuldner bei Zuschlag zur sofortigen Zahlung verpflichtet. In der Praxis kommt es oft vor, dass Schuldner für einen gewissen Zeitraum auf den Zahlungsweg der Barzah-
lung angewiesen sind, weil sie ihre persönliche Situation neu ordnen müssen.
Während der Gläubiger Verluste in vielen Fällen steuerlich geltend machen kann, bedeuteten die mit einer reglementierten Barzahlung einhergehenden Mindererlöse für den Schuldner massive negative Folgen. Oft sind die in Pfand genommenen Gegenstände oder Rechte dessen letztes verbliebenes Eigentum. Er hat Anspruch auf ein optimales Verwertungsergebnis. Es wäre unsozial, wenn ausgerechnet bei Personen in sozial schwieriger Lage zusätzlich noch die Lasten der europäischen Sicherheitspolitik abgeladen würden.
Gemäß § 1336 BGB Versteigerungsort hat die Versteigerung an dem Ort zu erfolgen, an dem das Pfand aufbewahrt wird. Der Versteigerer hat die sofortige Zahlung nach Zuschlag sicherzustellen. Bisher – und auch für nicht absehbare Zeit – wird auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine flächendeckende und ausreichend leistungsstarke digitale Infrastruktur angeboten, um alternativ zum Bargeld überall einen sofortigen elektronischen Zahlungsverkehr gewährleisten zu können.
Die öffentliche Versteigerung ist kein auf die Erzielung eines Gewinns ausgerichteter Verkaufsvorgang. Gemäß § 1247 BGB (2) der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes erfolgt die Versteigerung nach dem Surrogatsprinzip. Das bedeutet: Sachwert wird in Geldwert gewandelt. Weil bei Einschränkung der Barzahlungsmöglichkeiten der Umwandlungsvorgang nicht mehr unmittelbar durchführbar ist, wäre die im § 1247 BGB (2) gewollte Surrogation gestört.
Gläubigern wird bei Leistungsstörung der Verträge aufgrund der gesetzlichen Pfandrechte ohne den Rechtsweg beschreiten zu müssen, die Möglichkeit gegeben, fällige Forderungen kurzfristig zu realisieren. Es ist der Wille des Gesetzgebers, dass der Schuldner dies erdulden muss. Der Schuldner trägt am Ende des Verfahrens alle die durch das Verwertungsverfahren entstehenden Kosten. Es wäre eine unbillige Härte, ihn noch mit zusätzlichen Finanztransaktionskosten zu belasten, die durch einen unbaren Zahlungsweg entstehen. Die bisherige Zahlungsmethode „Zug um Zug“ nach Zuschlag ist bewährt, einfach und kostenlos. Sie erfolgt rechtssicher, denn sie ist unwiderruflich.
Staatlicher Zwang zur unbaren Zahlung ab 5.000 Euro bedeutet, dass der Gesetzgeber von Marktteilnehmern verlangt, kostenpflichtige Dienstleistung zugunsten einer bestimmten Branche in Anspruch zu nehmen. Dieser Kontrahierungszwang ist sehr wahrscheinlich nicht verfassungskonform.
Abgesehen davon bieten Finanzdienstleister keine sofortige, unwiderrufliche und kostenlose Geldtransaktionsmöglichkeit an. Bei Beträgen über 100.000 Euro besteht darüberhinaus nach aktueller Gesetzgebung zur Bankenhaftung das Risiko des Verlusts.
Der Versteigerer legt gemäß § 8 VerstV. Buchführung für jede von ihm durchgeführte öffentliche Versteigerung eine Versteigerungsakte an, in der der gesamte Verwertungsvorgang dokumentiert ist. Nicht erst mit dem Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes lässt der mit der Leitung der Versteigerung beauftragte öffentliche bestellte, vereidigte Versteigerer schon im eigenen Interesse vor Beginn der Versteigerung durch Vorlage und Kopie der Personaldokumente alle Kauflustigen registrieren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Handelsgeschäften ist eine Geldwäsche durch anonyme Beteiligte ausgeschlossen.
Schlussfolgerung
Der BvV Bundesverband öffentlich bestellter, vereidigter Versteigerer e.V. fordert bei
Inkrafttreten eines Barzahlungsverbotes oder einer Einschränkung von Bargeldzahlungen vom Gesetzgeber
entweder
1. bei Pfandrechtsverwertung einen gleichwertigen Ersatz zur herkömmlichen
Barzahlungsmöglichkeit anzubieten. Das bedeutet, dass bei Pfandrechtsverwertungen eine kostenlose, unwiderrufliche, sofortige und flächendeckende
Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung steht
oder
2. dass es den öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerern – wie z.B. Banken oder Gerichtsvollziehern – erlaubt ist, die Einzahlung von Beträgen über einer bestimmten Obergrenze in bar entgegenzunehmen. Der BvV Bundesverband öffentlich bestellter, vereidigter und besonders qualifizierter Versteigerer e.V. würde einer Regelung in der VerstV zustimmen, in der festgelegt wird, dass Zahlungen in bar ab einer bestimmten Obergrenze nur unter Vorlage der Personaldokumente entgegengenommen werden dürfen.